... dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.
Klagelieder 3,22-23
In der Tradition der Bibel erlebe ich jeden neuen Morgen als eine Schöpfung Gottes. Mit dem anbrechenden Morgen beginnen sich die Umrisse der vertrauten Umgebung abzuzeichnen. In der Regel darf ich immer wieder dankbar feststellen, es ist alles noch am alten Fleck. Gottes Barmherzigkeit und Treue sei es gedankt.
Ein bisschen mulmig wird mir aber doch beim weiteren Schreiben. Im Moment ist die Weltlage und die Lage in unserem Land so angespannt, dass ich gar nicht vorhersehen kann, wie sich das Leben anfühlt, wenn mein geistliches Wort in diesem Gemeindebrief gelesen wird.
Es liegt weniger an Gott, sondern eher an seinem Ebenbild, dem Menschen, was mir dabei Kopfzerbrechen bereitet.
Hier vermisse ich nicht selten die Barmherzigkeit untereinander. Möglicherweise liegt hier der tiefere Grund, warum es um uns Menschen gerade so steht und wir den uns zugedachten „Frieden
auf Erden“ nicht finden können. Doch das stimmt nicht ganz:
Jeden Morgen schaue ich auf meinen blühenden Balkon ― und das schon seit April. Jeden Morgen fülle ich das Wasser in die Kaffeemaschine, und freue mich auf das gemeinsame Frühstück und das Lächeln meines Mannes. Wieviel Barmherzigkeit in solchen alltäglichen Momenten steckt, spüre ich gerade dann, wenn ich durch den Nebel in die Zukunft des vor mir liegenden Tages schaue.
Dann fallen mir auch Orte ein, an denen Menschen diese Barmherzigkeit Gottes und seine Treue täglich empfangen und weitergeben. Überall, wo Menschen sich im Namen Gottes versammeln und sich durch ihn getragen fühlen, überall, wo Menschen füreinander da sind, dort lebt Gottes Treue zu uns immer wieder neu auf.
In unseren Kirchen, wo wir die Frohe Botschaft verkündigen, sollten auch diese guten Nachrichten gut aufgehoben und weitergesagt werden – jeden Morgen neu.
Dazu ermutigt Sie
Ihre Pfarrerin Beatrice Rummel
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