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Sonntag_Gedankentanken #5: Pfingsten

Tanzende Frauen
Foto: Laura Dewilde / unsplash.com

Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle beieinander an einem Ort. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Sturm und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt und wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab. Apg 2, 1-4

 

Es gibt zu Pfingsten fast nichts, was man anfassen kann. Keinen Christbaum und keine Ostereier keine Schokoladenfiguren und auch keine Geschenke. Viele wissen nicht viel mit Pfingsten anzufangen – außer mit den freien Tagen, wer soll es ihnen verübeln? Es ist ja schön, ein langes Wochenende.

 

Dass es zu Pfingsten nichts gibt, was mit den Händen erfahrbar ist, was unserer Zeit oder unserem Geld und unserer Traditionen entzogen scheint – das liegt vielleicht sogar selbst im Kern von Pfingsten begründet.

 

Es ist das Fest des Heiligen Geistes. Der dritten Person der Dreieinigkeit Gottes. Gottes Gegenwart. Gott gießt seinen Geist aus auf die Gemeinschaft der Christen und begründet sie damit zugleich.

 

Sie werden von etwas besonderem erfüllt. Etwas, was sie vorher noch nie erlebt haben. Manchen geht der Mund über mit Worten, die sie vorher noch nie gesprochen haben. Fremde werden zu Brüdern und Schwestern. Sie sind so fröhlich, dass mancher meint, sie hätten zu viel getrunken.

 

Wenn ich die Geschichte von Pfingsten höre, wächst in mir eine Sehnsucht. Dass es doch bei mir auch immer so wäre und ich dieses Feuer spüren würde von der Gegenwart Gottes. Etwas, das in mir brennende Leidenschaft auslöst, Ungezwungenheit, Freiheit.

 

Stattdessen verbringe ich meine Tage an Schreibtischen, an Laptops, mit Listen und Aufgaben. Der Alltag meiner Arbeit, die unweigerlich mit meinem Glauben verbunden ist, ist trotz allem machbar, planbar – hin und wieder überraschend. Ich habe nichts gegen Routinen und das Einüben von Gewohnheiten, die mir wichtig sind. Vielleicht fürchte ich mich auch ein bisschen vor dem Unvorhersehbaren. Ein Jahr geht das gut.

 

Aber zu Pfingsten beschleicht mich die Ahnung, dass jenseits der Machbarkeit etwas liegt, was ich nicht in meinen Listen und Planungen einfangen kann. Eine Kraft, die nicht ich mir nutzbar machen könnte. Sondern, die mir entgegenkommt, ohne, dass ich etwas dazu getan hätte.

 

Paulus spricht in seinen Briefen von der Wirkung des Geistes Gottes: „Wo der Geist ist, da ist Freiheit“ (2. Kor 3,17) , „die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung“ (Gal 5,22f), der Geist Gottes legt in uns die Gewissheit, „dass wir Gottes Kinder sind“ (Röm 8,16). Ich erinnere mich an Momente, wo ich das spüren durfte. Zu gern hätte ich sie festgehalten. Aber Gottes Geist gehört mir nicht. Er weht, wo er will. (Joh 3,8). Er weht, wo ER will.

 

In einer Welt, in der wir meinen, alles kontrollieren und alles planen zu können, ist das ein befremdliches Gefühl. Und auch heilsam. Es erinnert mich, dass ich vielleicht die kleine Herrin in meiner kleinen Welt meiner kleinen Listen bin. Aber dass es einen gibt, der mich und diese Welt in seiner Hand hält, in ihr wirkt, sie voranbringt, wo es gerade dran ist. Seine Segensspuren sehe ich manchmal erst im Nachhinein.

 

Dass es heißt, Gott habe seinen Geist ausgegossen, hat vielleicht einen Grund. Vielleicht ist es wie mit dem Regen: Ich kann ihn nicht machen. Ich kann auf ihn hoffen. Und wenn er kommt: Mich mitten hineinstellen und in ihm tanzen.

 

Ich wünsche Ihnen einen erfüllten Pfingst-Sonntag!

 

Karin Großmann

Studierendenpfarrerin

 

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