· 

Die Melodie Gottes

Gewebtes Kreuz
Kreuz im Dom von Uppsala (Schweden), Foto: Silvia Kramer

Kantate 2. Mai 2021 / Predigttext: Lukas 19:37-40

 

Und als er schon nahe am Abhang des Ölbergs war, fing die ganze Menge der Jünger an, mit Freuden Gott zu loben mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatten, und sprachen: Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn!

 

Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe! Und einige von den Pharisäern in der Menge sprachen zu ihm: Meister, weise doch deine Jünger zurecht! Er antwortete und sprach: Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.

 

Kristus är uppstånden! Ja, Han är sannerligen uppstånden. Halleluja.

 

Noch immer klingen die Worte vom Ostersonntag in meinen Ohren. Christus ist auferstanden. Ja, er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja. Der Ruf berührt mein Inneres und weckt meine Neugierde aufs Neue. Was bedeutet Christi Auferstehung in unserer heutigen Gesellschaft? Wo erfahre ich in meinem Leben Momente, die von Verwandlung, Erneuerung und Wundern zeugen?

 

Wir alle, wo auch immer wir unseren Alltag leben, befinden uns immer noch in der Coronapandemie. Einer Pandemie, die unsere Leben radikal auf den Kopf gestellt hat. Keiner von uns hat darum gebeten, keiner von uns war wirklich darauf vorbereitet. Das Virus hat vielen die Musik genommen und zum Schweigen gezwungen. Das gemeinsame Singen und Musizieren, eine so urmenschliche Aktivität, wurde als erhöhtes Infektionsrisiko deklariert und darf nur mit bestimmten Schutzmaßnahmen ausgeführt werden. Was möglich ist, unterscheidet sich zwischen und innerhalb der europäischen Länder und der gesamten Welt.

 

Diese Corona-Gedanken werden radikal von unserem Predigttext für den Sonntag ”Kantate” durchbrochen. Kantate – Singt! Singt heraus, was in euch ist. Singt von Freude und Sorge, von Einsamkeit und Sehnsucht. Singt mit den Vögeln, den Bäumen, ja der ganzen Schöpfung. Macht es wie die Jünger von damals, die in der Gegenwart Jesus nicht schweigen konnten.

 

Das Singen an Orten und eben so, wie es gerade möglich ist, ist ein Protest und eine Widerstandshandlung. Hier werden neue Kräfte freigesetzt und der ganzen Körper aktiviert. Das kann wissenschaftlich nachgewiesen werden. Singen fördert die Gesundheit.

 

Ich bin überzeugt davon, dass es in uns allen und in der gesamten Schöpfung eine lebendige Melodie gibt. Wo auch immer wir uns befinden und wir auch immer leben, so verbindet sie uns mit unserem Inneren und macht einen Neuanfang immer wieder möglich. Sie lebt und bewegt.

 

Gottes Melodie ist für mich ein schönes Bild für Gottes Geist, der niemals aufgeben wird, für das Gute zu kämpfen und das Böse zu vernichten. Gemeinsam mit allem Lebendigen sind wir ein Teil von ihm.

 

Trotz ihrer Lebendigkeit fällt es uns Mensch leicht, die Melodie Gottes zu vergessen. Inmitten von zum Beispiel hasserfüllten rechtsextremistischen Botschaften gegen Ausländer oder Homosexualität oder schöpfungsfeindlichen Handlungen wie das Abholzen der letzten Urwälder der Erde wird Gottes Melodie zum Schweigen gezwungen.

 

Und doch, es gibt Hoffnung. Das Grab Jesu ist leer. Christus ist auferstanden. Gottes Geist gibt nicht auf. Zusammen mit Gottes Hilfe können wir wachsen, leben und ganz werden. Trotz aller Einschränkungen können wir die Melodie Gottes erahnen. Wir können uns darin üben, sie in unserem Alltag zu entdecken! Bei einem Waldspaziergang, in einem spontanen Telefongespräch oder einem kleinen Lied in unserer Wohnung kann ein neuer Blick auf das Jetzt, eine neue Freude und neuer Mut entstehen. Das können Zeichen für Gottes Geist sein.

 

Kristus är uppstånden!

 

Lasst uns an der Osterbotschaft festhalten, Gottes Melodie leben und weiter über das leere Grab Jesu staunen.

 

Silvia Kramer - Studentin der Theologie, Landeskirche Uppsala (Schweden)

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0