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Wo Gott den dunklen Stall liebevoll mit Licht und Wärme erfüllt

„Die Anbetung der Hirten“ des holländischen Barockmalers Gerrit van Honthorst (1592 bis 1656).
© Pommersches Landesmuseum Greifswald

„Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er

heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.“

Jesaja 9,5

  

In diesem Jahr war an der Ostsee genau zu jener Zeit eine Regenwoche, als ich mit meinem Mann dort Urlaub machte. Aus diesem Grund flüchtete ich mich für einen Vormittag ins Pommersche Landesmuseum. Eigentlich nur, um Bilder von Caspar David Friedrich zu sehen. Aber die wurden dann zur Randnotiz. Denn mich zog viel mehr ein Gemälde an, das eindeutig eine Krippenszene zeigte. Man merke: Es war Ende August. Trotzdem konnte ich mich nicht abwenden von den Hirten, von Maria, Josef und dem Kind in der Krippe. Wenn ein Bild zu einem spricht, dann soll man es auch reden lassen.

Und es sagte: Dass es dort eigentlich gar nicht weihnachtlich ist. Dass gar nichts ist, wie man es damals für richtig und gut befunden hätte. Dass die minderjährige Mutter noch nicht einmal verheiratet ist. Dass sie weit weg ist von ihrem Zuhause. Dass da arme Männer einfach so dazugekommen waren, die nach Schaf riechen und von Engeln reden.

Dass es nur eine Futterkrippe ist, in dem das Neugeborene liegt. Und dass das alles in diesem Moment nicht wichtig

ist.

Denn es ist dieses Kind, das den schlichten Stall zu einem heiligen Ort macht. Weil dieses Kind ist, was es ist: Wunder-

Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst. Mag der Stall sein, wie er ist. Mögen die Menschen sein, wie sie sind. Dieses Kind leuchtet in die Dunkelheit hinein. Was für eine wunderbare Auslegung der Geburtsgeschichte Jesu!

Gerrit van Honthorst malte „Die Anbetung der Hirten“ 1622 für den Altar der Kirche in Tribohm, einem kleinen Ort in Nordvorpommern. Dieses Bild wurde oft nachgemalt und hängt daher in verschiedenen Kirchen. Ganz offensichtlich redete es auch zu anderen Menschen an anderen Orten, zu anderen Zeiten ganz genauso. Es redete zu denen, die Sorge hatten, wie das nächste Jahr wird, ob das Geld reicht, ob die Lieben gesund bleiben und ob man sie überhaupt sehen kann. Zu denen, die im dunklen Stall warteten – den Gott dann so liebevoll mit Licht und Wärme erfüllte.

Im Nachhinein denke ich manchmal: Ich hätte ruhig noch etwas länger dort verweilen können. Was das Bild sagte,

tat gut. Auch mir selbst. Gerade jetzt.

 

Pfarrerin Karin Großmann

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