Langsam haben wir uns daran gewöhnt, hinter der Maske mit den Augen zu lächeln und Sympathie auch ohne Händedruck oder Umarmung zu signalisieren. Denn genau in den Zeiten von physischer Distanz ist es umso wichtiger, sich im Herzen nah zu sein.
Vor wenigen Wochen bin ich in den Genuss meiner letzten mündlichen Abiturprüfung im Fach Religion gekommen. Zur Vorbereitung gestaltete ich Karteikarten und Plakate. Dabei haben es mir die Kirchenkonzepte von Dorothee Sölle und Dietrich Bonhoeffer besonders angetan.
Dorothee Sölle sagte einmal: „Am Ende der Suche und der
Frage nach Gott steht keine Antwort, sondern eine Umarmung.“ Ihr wie auch das Konzept von Bonhoeffer sollten wieder mehr in die Köpfe aller Menschen gerufen werden, egal ob sie sich einer Konfession zugehörig fühlen oder nicht. Denn in beiden Theorien stehen die Gemeinschaft, das Dienen und das Verkünden im Vordergrund und speziell Bonhoeffer wollte in der Kirche und im Glauben einen Raum für die Nächstenliebe in der Gemeinschaft
schaffen. Die Menschen sollten aufhören, immer nur in der Not zu Gott zu beten und statt dessen Gott in der Nächstenliebe zueinander
erleben.
Während des Lernens habe ich das Gefühl bekommen, dass gerade jetzt der perfekte Zeitpunkt ist, genau diesen Dingen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Für alte und kranke Nachbarn einkaufen zu gehen, ist jetzt nicht mehr zwingend nötig. Jedoch heißt das nicht, dass man aufhören sollte, seinen Blick dafür zu schärfen, ob man irgendwo einen Rollator oder Kinderwagen aus der Bahn
heben oder vom Kleingeld eine „Drobs“ kaufen kann. Man könnte wenigstens einmal täglich ein freundliches Wort an einen
unbekannten Mitmenschen richten oder seinem Liebsten eine Blume mitbringen.
Trotz der einen oder anderen Schwierigkeit geht es uns gut und wir sollten dankbar sein, denn „Dankbarkeit macht das Leben erst reich“ (D. Bonhoeffer). Es sind die kleinen Gesten, die am meisten Freude bereiten.
Antonia Richter
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